† 05.07.1991 in Traben-Trarbach/Mosel
Vater: Franz Wilhelm Heinrich Geisler
Mutter: Anna Dorothea Elisabeth, geb. Neumann
Biografie
Charlotte Ströher war eine bemerkenswerte Frau. Sie wurde 1895 als Charlotte Geisler in Berlin in einem bürgerlichen Elternhaus geboren. Ihr Vater, Wirklicher Geheimer Rechnungsrat, war Vorsteher des Rechnungsbüros der gesamten Reichspost. Ihre Mutter starb im Kindbett. Das Kind wurde von der großen Familie und der zweiten Mutter liebevoll umhegt, erhielt eine sorgfältige Erziehung im Lyzeum in Berlin und im Pensionat in Bad Sachsa im Harz. Nach dem Kriegsbeginn trat Charlotte Geisler in den Krankenpflegedienst des Roten Kreuzes ein und absolvierte mit sehr gutem Erfolg die Ausbildung zur Krankenschwester, Säuglingspflegeschwester und Hebamme. Sie arbeitete im Krankenhaus und als freiberufliche Hebamme und Säuglingspflegeschwester.
Bei einem ihrer Einsätze als Säuglingsschwester lernte sie im Januar 1922 den Kunstmaler Friedrich Karl Ströher kennen. Ströher, im Schatten von Corinth, Liebermann und Slevogt stehend, war zu dieser Zeit in Berlin ein recht anerkannter Maler. Charlotte folgte ihm nach wenigen persönlichen Begegnungen und einem intensiven Briefwechsel im Mai 1922 nach der Heirat in Berlin aus der lebhaften Hauptstadt und dem gesicherten Leben in sein kleines Heimatdörfchen Irmenach im Hunsrück, oberhalb von Traben-Trarbach, wo Ströher sich ein bescheidenes Atelierhaus gebaut hatte. Sie brach auf in eine fremde Welt und in eine ungesicherte Existenz.
Charlottes Vorstellungen von dem Leben und den Aufgaben einer Frau entsprachen zunächst ganz dem traditionellen Frauenbild, in dem die Frau hinter den Mann zurücktritt und ihm für sein Tun Sicherheit und Rückhalt gibt. Ströher sollte sich in einem Leben mit ihr reicher und verstanden fühlen und sich ganz seiner Kunst widmen können. Beide folgten dem Ideal des einfachen Lebens. Sie wollten „in und mit der Natur leben“. Sie führten ein genügsames Leben, gestützt auf Gartenanbau und Kleintierzucht. 1923 wurde der Sohn Peter geboren. Die Verwirklichung ihres Ideals gelang ihnen dreieinhalb glückliche Jahre lang. 1925 starb Ströher neunundvierzigjährig an einem alten Herzleiden.
Charlotte Ströher musste nun in wirtschaftlich schwieriger Zeit ihr Leben gestützt durch die Zuneigung und Hilfe ihrer Familie alleine in die Hand nehmen. Ihr Lebensziel war es, das künstlerische Werk ihres Mannes in seinem Atelierhaus zusammenzuhalten, den Kontakt zur Kunstwelt zu bewahren und ihr Kind großzuziehen. Diesen selbstgewählten Zielen folgte sie bei Wahrung ihrer Ideale mit unerbittlicher Konsequenz und unbeirrbarer Treue sechsundsechzig Jahre lang.
Ihre finanziellen Mittel waren begrenzt. Ein Wiedereinstieg in ihren Beruf gelang ihr zeitbedingt in den dreißiger Jahren leider nicht. Ihre Lebensführung blieb stets sparsam und sehr bescheiden. Ihrem Sohn gab sie eine gründliche Erziehung und Ausbildung. Das Verhältnis zwischen den beiden war sehr herzlich und innig, erhielt aber einen Riss, als er als Erwachsener eigene Wege und Selbständigkeit suchte. Dennoch unterstützte er sie bei der Erbepflege nach Kräften.
Ihr steter Kampf um das Werk ihres Mannes, zusammen mit ihrem Sohn, führte schließlich – gefördert durch Freunde und Gönner, durch die Kreissparkasse Rhein-Hunsrück und die Stadt Simmern – dazu, dass das Werk in seiner Gesamtheit als Kunstsammlung Friedrich Karl Ströher im Hunsrück-Museum in Simmern sein Zuhause fand und der kunstinteressierten Öffentlichkeit zugänglich ist. 1991 starb Charlotte Ströher hochbetagt. Mit Engagement, Zähigkeit und Zielstrebigkeit hat sie als selbständig handelnde Frau ihre Lebensziele erreicht.
Literatur
- Elke Heinemann, „Wo du bleibest, da bleibe ich auch, …“ Das Leben der Charlotte Ströher 1895-1991, Hrsg. vom Freundeskreis Friedrich Karl Ströher e.V. und vom Hunsrück-Museum Simmern, Simmern 2009.
Elke Heinemann, Simmern
Heft 144 | Stand: 10/2010