† 30.11.1952 in Simmern
Vater: Peter Leonhard
Mutter: Anna Maria, geb. Wagner
Biografie
Am 18. Juni 1995 feierte der „Verband Deutscher Straßenwärter“, eine der ältesten Gewerkschaften in Deutschland, seinen einhundertsten Geburtstag. Die Feier fand in Ellern statt, dem Geburts- und Lebensort von Jakob Leonhard, dem Gründer und langjährigen Vorsitzenden dieses Verbandes. Der erfolgreiche Gewerkschaftsführer schuf mit einer Kranken- und Sterbekasse (1907) sowie einer Kleiderkasse (1909) für die Straßenwärter wirksame Selbsthilfeeinrichtungen. Vorausschauend handelte er weit vor Schaffung der allgemeinen Sozialgesetzgebung und machte sich damit einen Namen auch als Sozialreformer.
Als einziges Kind eines armen Tagelöhners in Ellern geboren, fand Jakob nach der Volksschule zunächst eine Beschäftigung in Mainz-Weisenau, wo er die Woche über blieb. 1894 schlug der mittlerweile Achtundzwanzigjährige den Berufsweg des „Chausseearbeiters“ ein. Hier reifte in ihm nach und nach der Plan, durch einen organisierten Zusammenschluss der Berufskollegen eine bessere Vertretung ihrer Belange zu erwirken. Immerwährendes Werben und Antreiben zeigten schließlich Erfolg: Am 18.6.1895 kam es in Bingerbrück zur Gründung des „Rheinischen Straßenwärter-Verbandes“, und Jakob Leonhard war zweifelsohne der geistige Urheber des neuen Vereins. Auch in anderen Reichsteilen fiel die Saat auf fruchtbaren Boden, es bildeten sich weitere Landesverbände. Die „Rheinischen“ gaben sich 1905 eine Satzung, es etablierte sich ein erster offizieller Vorstand mit Leonhard an der Spitze. Zum Verbandssitz wurde Ellern auserkoren. Im Jahr darauf erschien die erste Ausgabe der Verbandszeitung „Der Rheinische Straßenwärter“, vom Vorsitzenden initiiert und redaktionell geleitet.
Seine knapp bemessene Freizeit widmete Jakob Leonhard dem langwährenden Vorsitz im örtlichen Kriegerverein, der mehr als zwei Jahrzehnte währenden Chorleitung des Männergesangvereins und seiner heimlichen Liebe, dem Obstbau.
1930 hatte Leonhards berufliches Wirken den Höhepunkt erreicht: Mit dem Zustandekommen des ersten Tarifvertrages wurden die Straßenwärter ins Angestelltenverhältnis übernommen. Die politische Entwicklung in Deutschland vereitelte die Bemühungen, einen reichsweiten Zusammenschluss der Landesverbände zu realisieren. Mit der Zwangsauflösung der Gewerkschaften ging der Verband 1933 in der „Deutschen Arbeitsfront“ auf. Jakob Leonhard war trotz NSDAP-Parteibuch allein schon von seinem Herkommen und seiner sozialen Ader her kein praktizierender Nationalsozialist. Er galt vielmehr als Kaisertreuer, was sich auch in der langen Kriegervereins-Mitgliedschaft widerspiegelte.
Zum Kriegsende stand der greise Herr im 80. Lebensjahr. Trotzdem nahm er noch einmal alle Strapazen auf sich, „seinen“ Verband wiederzugründen, was 1949 Wirklichkeit wurde. Sein Lebenswerk war vollbracht. Nach langer schwerer Krankheit starb der 85jährige Sozialreformer am 30. November 1952.
Quellen / Literatur
- „Der Straßenwärter“ (Jubiläumsausgabe zum 75-jährigen Bestehen des Verbandes, 1970)
- Aufzeichnungen und Erinnerungen der Familie Leonhard, Ellern
- Dieter Diether: Jakob Leonhard – ein Hunsrücker schuf den Straßenwärterberuf. In: Hunsrücker Heimatblätter 116 (2001). S. 368-373.
Dieter Diether, Rheinböllen
Heft 121 | Stand: 06/2003