Blasius, Maria Juliana („Julchen“)

Maria Juliana Blasius („Julchen“)
* 22.03.1781 in Martinweierbach
† 03.07.1851 in Martinweierbach
Vater: Johann Nikolaus Blasius, Musikant
Mutter: Catharina Luise, geb. Catharius

Biografie

Wie im Falle ihres Geliebten, des „Schinderhannes“ Johannes Bückler, umgibt Juliana Blasius, viertes Kind der Eheleute Johann Nikolaus Blasius und der Catharina Luise, geb. Catharius, ein Gespinst von romantisierenden Mythen und Legenden, die den Blick auf ihre wahre Biografie verstellen. Selbst angesehene Nachschlagewerke haben diese Halbwahrheiten in Teilen aufgegriffen und verbreitet.

Nach einer ärmlichen Kindheit traten die als ausgesprochen gut aussehend und lebenslustig beschriebene Juliana, ihre Schwester Margarethe (geb. 1779) und ihr Vater als Bänkelsängergruppe auf Kirchweihen und Jahrmärkten auf. So lernte sie zu Ostern 1800 bei einem Auftritt auf dem Wickenhof bei Kirn den ursprünglich an ihrer Schwester interessierten Straßenräuber „Schinderhannes“ kennen und folgte ihm 14 Tage später freiwillig nach. Den Brautwerber spielte der „Husaren-Philipp“. In der Folge begleitete sie den „Räuberhauptmann“, über dessen Treiben sie nicht unterrichtet gewesen sein wollte, ununterbrochen und war angeblich bei verschiedenen Raubtaten selbst beteiligt; konkrete Nachweise hierzu fehlen allerdings, Zeugenaussagen gegen sie wurden im Prozess widerrufen. Unbeschwerte Wochen auf der Schmidtburg mit großen Festivitäten („Ball zu Griebelschied“) folgten, in denen zwei Schneider, Johann Nikolaus Hermann aus Oberhausen und Jakob Denig aus Hennweiler, beauftragt waren, neue Kleider für sie anzufertigen. In dieser Zeit traf sie auch wieder mit ihren Angehörigen zusammen. Im Juli 1801, nach einem Überfall in Heidelberg, wurde sie erstmals verhaftet, aber bald wieder freigelassen.

Eine gemeinsame Tochter scheint kurz nach der Geburt bei Bruchsal gestorben zu sein. Ein angeblich zweites rechtsrheinisch geborenes, gemeinsames Kind gehört in den Bereich der Legende. An Ostern 1801 erhielt Julia ein eigenes Dienstmädchen, Eva Berg, und blieb fortan als Händlerin namens „Ofenloch“ auf der rechten Rheinseite.

Nach seiner Festnahme im Mai 1802 versuchte „Schinderhannes“, seine Geliebte, die er kurz vorher hatte heiraten wollen (bei der Verhaftung wurde bei ihm ein „Heiratsconsens“ gefunden), zu entlasten, indem er alle Schuld auf sich nahm. Trotzdem wurde Juliana Blasius, die am 1. Oktober 1802 im Gefängnis einen Sohn namens Franz Wilhelm gebar, im Schinderhannesprozess 1803 zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie in Gent verbüßte. Der Sohn Franz Wilhelm wurde von Johannes Weiß in Mainz als Pflegekind aufgenommen, soll aber schon im Alter von 17 Jahren gestorben sein.

Nach ihrer Haft war Juliana kurz als Hausmädchen tätig, kehrte dann aber in ihren Geburtsort zurück. Am 20. Dezember 1808 kam ein Sohn Heinrich Jakob zur Welt, zu dessen Vaterschaft sich ihr damaliger Verlobter Johann Heinrich Uebel bekannte. Zu einer Eheschließung kam es aber offensichtlich nicht, das weitere Schicksal des Sohnes und des Verlobten ist unbekannt. Am 2. Juli 1814 heiratete Juliana ihren Großneffen, den neun Jahre jüngeren Schweinehirt Johann Peter Blasius, mit dem sie sieben Töchter hatte. Als sie 1844 vom Staatsanwalt von Saarbrücken aufgesucht wurde, zeigte sie sich in geordneten Verhältnissen. Die Zeit mit ihrem „Mann“ Bückler bezeichnete sie als die schönste ihres Lebens. Sie starb am 3. Juli 1851 im Alter von 70 Jahren.

Literarisch wurde Juliana Blasius vielfach beschrieben, u.a. von Clara Viebig. Bis heute wird ihr Bild durch eine romantisierende Mischung von Elementen einer hemmungslosen Räuberbraut, einer hingebungsvollen Geliebten und einer fürsorglichen Mutter bestimmt.

Quellen / Literatur

  • Peter Bayerlein, Die Zeit mit dem Schinderhannes vergaß sie nie, in: Allgemeine Zeitung Mainz 142 (1992), S. 213 vom 12.9.1992.
  • Armin Peter Faust, Die bekannteste Weierbacherin, in: Birkenfelder Heimatkalender 1992, S. 131-139.
  • Annette Grünewald, Dichtung und Wahrheit im Schinderhannes-Schrifttum, in: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins 14 (1962), Neuwied 1967, S. 48-58.
  • M. Ohlmann, Julchen Blasius, die „Frau“ des Schinderhannes, in: Naheland-Kalender 1953, S. 134f.
  • Freundliche Mitteilungen von Rolf Übel, Landau, vom 2.10.2002 und Erich Henn, Idar-Oberstein, vom 14.1.2010.

Dr. Achim R. Baumgarten, Simmern
Heft 143 | Stand: 04/2019