Recum, Andreas van

Andreas van Recum
* 06.08.1765 in Grünstadt
† 31.10.1828 in Kreuznach
Vater: Peter van Recum (Handelsmann in Leinenwaren)
Mutter: Marie Susanna, geb. Zeiler

Biografie

Das Urteil über die Lebensleistung Andreas van Recums schwankt im unterschiedlichen Blickwinkel der Betrachter, denn selten sind in einer Person solch hohe intellektuelle Fähigkeiten mit dreistem, unverhohlenem Opportunismus und rücksichtslosem persönlichem Machtstreben und krankhaftem Ehrgeiz zusammengetroffen.

Als van Recum am 22. Juni 1800 die Verwaltung des Arrondissements Simmern als Unter-Präfekt übernahm, konnte er bereits auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Als Sohn eines Kaufmanns am 6. August 1765 in Grünstadt geboren, war er zunächst zum geistlichen Stand bestimmt, wandte sich dann aber der Jurisprudenz zu und ließ sich in einem langwierigen Verfahren wieder laisieren.

Am 21. April 1792 wurde er als Nachfolger des korrupten Franz Schüssel kurpfälzischer Landschreiber in Simmern. Nur kurz konnte er hier seine umfangreichen Reformbemühungen verfolgen, dann musste er im August 1794 vor den einrückenden Franzosen über Bacharach nach Kaub und Hattenheim im Rheingau fliehen. Doch schnell arrangierte er sich mit der Besatzungsmacht. Bei der Kapitulation Mannheims spielte er 1795 eine zwielichtige Rolle, wurde auf eine Verwaltungsstelle in Kreuznach berufen, sollte danach Friedensrichter des Kantons Simmern werden und wählte stattdessen das Amt als Kommissar des Kreuznacher Appellationsgerichts. Im April 1797 wurde er Präsident der Regierung des 1. Arrondissements in Kreuznach, im Februar 1798 Mitglied der Departements-Verwaltung (Kultur, Unterricht und Propaganda) und im Juni 1800 schließlich Unter-Präfekt in Simmern. Als solcher verwandte er sich besonders für die Toleranz der Religionen, die Verbesserung des Rechnungswesens und die Fortentwicklung der Landwirtschaft, die er mit der Sozialpolitik verband. Zeugnis hiervon legen mehrere auf eigene Kosten gedruckte, wegweisende Gedenkschriften ab. Seit 1803 trat er aus persönlichen Gründen für eine Verlegung des Arrondissementssitzes von Simmern nach Kreuznach ein.

Im September 1805 stieg er in den Corps Législatif, den „Gesetzgebenden Körper“, in Paris auf und legte deshalb im Januar 1806 sein Amt als Unterpräfekt nieder. Zweifelsohne hatte er das Amt zur skrupellosen persönlichen Bereicherung missbraucht, was in seinem Spottnamen „Bassa von Altensimmern“ zum Ausdruck kommt. Eine 1812 von seinem Nachfolger Closen eingeleitete Untersuchung gegen ihn konnte aber nicht mehr zum Abschluss gebracht werden. Bewerbungen um das Amt des Koblenzer Präfekten scheiterten 1806 und 1810.1809 gründete er eine Freimaurerloge, die er für seine Zwecke instrumentalisierte. Im August 1813 wurde er zum Baron de l‘Empire ernannt. Van Recum heiratete dreimal: 1791 (mit Dispens)/1792 (nach Laisierung) Theresia von Rogister (*1770, †1819), 1820 Johanna von Gemmingen-Hornberg (*1791, †1821) und 1822 Caroline von Hundheim (*1799, †1848).

Nach der Abdankung Napoleons fand er 1814 – als hemmungsloser Intrigant inzwischen in schlechtem Ruf – keine Anstellung mehr. 1816 war er noch einmal kurz als Geheimer Rat und Liquidator der französischen Kriegsschulden im Dienste Bayerns tätig. Nach dem Verlust des größten Teils seines Vermögens starb er am 31. Oktober 1828 in Kreuznach. Sein Andenken ist zwiespältig: Unbestritten sind seine Verdienste um den Hunsrück als Agrarreformer, es überwiegen aber die Schattenseiten seines Charakters.

Literatur

  • Freiherren v. Recum, in: Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser B IV, Limburg 1967, S. 388-392.
  • Karl-Georg Faber, Andreas van Recum (1765-1828), ein rheinischer Kosmopolit, Bonn 1969 (Pariser Historische Studien 8).
  • Jürgen König, Der Hunsrück in französischer Zeit (1789/94-1814), Mainz (Diss.)/Darmstadt 1995, S. 113-126 (Schriftenreihe des Hunsrücker Geschichtsvereins Nr. 23).
  • Willi Wagner und Gustav Schellack, 650 Jahre Stadt Simmern im Hunsrück, Simmern 1980, S. 80-83.

Dr. Achim R. Baumgarten, Simmern
Heft 136 | Stand: 03/2008