Pies, Peter

Peter Pies
* 28.09.1875 in Dorweiler
† 14.02.1961 in Emmelshausen
Vater: Joseph Pies (Knochenheilpraktiker)
Mutter: Anna Maria, geb. Pies

Biografie

Peter Pies war einer der markantesten Persönlichkeiten des Vorderhunsrücks. Er war in zehnter Generation Nachfahre einer langen Reihe von Knochenflickern, die auf den Begründer der modernen Chiropraktik, den pfalz-neuburgischen und kaiserlichen Regimentsfeldscherer Diederich Pies (1590-1666), zurückgehen. Auch Peters jüngerer Bruder Jacob Pies (1877-1941) in Dorweiler erwarb durch seine Geschicklichkeit und außergewöhnliche Fähigkeit als Knochenheilpraktiker einen legendären Ruf. Werner Helwig hat ihm in seiner Erzählung „Der Äskulap des Hunsrück“ (Reclams Universalbibliothek Nr. 7882, Stuttgart 1958) ein Denkmal gesetzt.

1907 errichtete Peter Pies gegenüber des im gleichen Jahr erbauten Bahnhofs in Halsenbach an der Eisenbahnlinie Boppard-Simmern inmitten der Waldeinsamkeit das erste Haus – das „Gasthaus zum Bahnhof“ (heute „Hotel Waldfrieden“, das sich im Besitz seiner Nachkommen befindet), in dem er seine Patienten behandelte und bei komplizierten Brüchen aufnahm. Mit der Bahnlinie war auch die Voraussetzung für die weitere Entwicklung der frühen Siedlung „Bahnhof Halsenbach“ bis hin zur heutigen zentralen Gemeinde Emmelshausen der Verbandsgemeinde geschaffen.

Wie Peter Pies seine Patienten „piesackte“, ist überliefert. Nachdem der Knochenheilpraktiker den Bruch durch Tasten seiner Hände lokalisiert und eingerichtet hatte, strich er Honig auf die Haut, schiente das Glied mit dünnen Holzlatten und umwickelte es mit Bandagen. Jeden Tag wurde der Bruch kontrolliert, ob sich alles noch an der richtigen Stelle befand. Dann wurde neu verbunden. Früh wurde mit Bewegungsübungen begonnen, damit das Glied nicht versteifte.

Die Heilkraft von Honigsalben ist seit dem Altertum bekannt, wobei deren bakterientötende Wirkung vor allem bei der Behandlung von eitrigen, schlecht heilenden Wunden und Druckgeschwüren von der Schulmedizin heute bestätigt wird, wie Prof. Dr. Thomas Henle, Lehrstuhlinhaber für Lebensmittelchemie an der Technischen Universität Dresden, nachweisen konnte. Mit einem Holzspatel auf die jeweilige Stelle aufgetragen oder in Wundtaschen gelegt und nicht zu fest mit einer Kompresse oder Mullbinde verbunden, entfaltet Honig in der Regel bereits nach sehr kurzer Zeit seine Wirkung: unangenehmer Geruch verschwindet, die Wundheilung schreitet ebenso voran wie die Bildung neuen Gewebes.

Peter Pies hatte eine besondere Methode bei kleinen Patienten, die mit einem Armbruch zu ihm gebracht worden waren: Bei der Kontrolle belohnte er diese mit einem Bonbon. Unter den prüfenden Blicken des Knochenflickers musste das Kind mit dem gerichteten und inzwischen verheilten Arm in ein Glas mit engem Hals greifen, um an die begehrte Süßigkeit zu gelangen. Gelang dieses Experiment zur Zufriedenheit von Peter Pies, war die Behandlung abgeschlossen.

Der Knochenflicker und Gastwirt Peter Pies war auch als Liebhaber eines „guten Tropfens“ bekannt. So hatte er für seine großen Patienten u.a. folgendes launige Rezept für ein belangloses Wehweh parat: „Geh heim, trink zwei Schnäpschen und reibe dein Wehweh mit dem leeren Gläschen ein.“

Die Gemeinde Emmelshausen hat ihrem ersten Ansiedler, dem Knochenheilpraktiker Peter Pies, das von der Bildhauerin Jutta Reis gestaltete, lebensgroße Bonzedenkmal „Der Knochenflicker Peter Pies und ein junger Patient“ vor dem „Hotel Waldfrieden“ gesetzt, das am 5. April 2009 feierlich enthüllt worden ist.

Literatur

  • Walter Merten, Der Hunsrück – Damals und Heute, 2. Aufl. Emmelshausen 1976, S. 96 – 100.
  • Heinrich Busch, Die Entwicklung der Gemeinde Emmelshausen, in: Rhein-Hunsrück-Kalender 1979, S. 43 – 44.
  • Eike Pies (Hrsg.), Pies – Piesen – Piesacken Bd. 1, Sprockhövel-Mönchengladbach 1986, S. 80 – 84 und S. 89 – 99.
  • Eike Pies, Geschichte der Hunsrücker Knochenflicker Pies, 5. Aufl. Dommershausen-Sprockhövel 2009, S. 283 – 295.
  • Wolfgang Hans Stein (Redaktion), Emmelshausen, Geschichte und Geographie eines zentralen Ortes im vorderen Hunsrück, Emmelshausen 1985, S. 115 – 144.

Dr. Eike Pies, Sprockhövel
Heft 140 | Stand: 04/2009