Pies, Dr. Otto SJ

Dr. Otto Pies SJ
* 26.04.1901 im Forsthaus Arenberg bei Koblenz
† 01.07.1969 in Mainz
Vater: Johann Pies (Oberförster)
Mutter: Anna, geb. Boerbeck

Biografie

Otto Pies besuchte das humanistische, von Jesuiten geleitete Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Koblenz. 1919 gründete er die „Koblenzer Neudeutsche Gruppe im Bund Neudeutschland“ (ND) und trat am 14. April 1920 in ’s-Heerenberg/Niederlande in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. Seine philosophischen Studien absolvierte er von 1922 bis 1925 in Valkenburg/Niederlande. Bereits als 24jähriger wurde er 1925 Präfekt im Knabeninternat „Kurfürst Franz Ludwig“ in Breslau. Im Herbst 1927 kehrte er zum Theologiestudium nach Valkenburg zurück, wo er am 27. August 1932 zum Priester geweiht wurde.

Zunächst wirkte Otto Pies von 1931 bis 1932 als Kaplan in St. Andrä in Kärnten und 1933 in Breslau, danach als Novizenmeister der Ostdeutschen Provinz in Mittelsteine/Grafschaft Glatz, wo er 1938 zum Rektor ernannt wurde. Die letzten Gelübde legte er 1940 ab. Nachdem das Jesuitenhaus in Mittelsteine 1941 von den Nazis enteignet worden war, wurde das Noviziat nach Hoheneichen bei Dresden verlegt. Auch hier wirkte Otto Pies als Novizenmeister und als Pfarrvikar der Diasporagemeinde Petrus Canisius in Dresden-Pillnitz. Als dann auch dieses Haus enteignet wurde, protestierte Pater Pies heftig. Von der Gestapo verhaftet, kam er ins Konzentrationslager Dachau, wo er die Häftlingsnummer 26832 erhielt.

In Dachau lernte Pater Pies den jungen Diakon Karl Leisner (1915–1945) aus Rees am Niederrhein kennen. Dieser war kurz vor seiner Priesterweihe von der Gestapo verhaftet worden, weil er bezüglich des Attentats auf Adolf Hitler im Bürgerbräukeller in München 1939 geäußert hatte: „Schade, dass er (Hitler) nicht dabei (unter den Toten) gewesen ist.“

1940 kam auch Leisner ins KZ Dachau. Pater Pies wurde ihm hier eine Art Seelenführer. Zwischen beiden entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Leisner, dessen Tuberkuloseleiden immer wieder und dann heftiger ausbrach, wurde von Otto Pies, der in der Krankenbaracke als Sanitäter Dienst tat, aufopferungsvoll betreut. Ihm ist es auch zu verdanken, dass Leisner von dem mitinhaftierten französischen Bischof Gabriel Piguet von Clermont in aller Heimlichkeit im Priesterblock des Lagers am 17. Dezember 1944 im Beisein zahlreicher inhaftierter Geistlicher aus ganz Europa zum Priester geweiht werden konnte. Leisner starb kurz nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager am 12. August 1945 im Sanatorium Planegg bei München.

Otto Pies, dessen Gebetbuch „Im Herrn“ (Herder Verlag Freiburg) in neun Auflagen mit rund 100.000 Exemplaren große Verbreitung fand, war von 1954 bis zu seinem Tod als Instruktor des Tertiats und bis 1959 zugleich als Rektor im Jesuitenhaus Sentmaring in Münster tätig. Nach schwerer Erkrankung starb er am 1. Juli 1960 im Hildegardis-Krankenhaus in Mainz und ist am 5. Juli auf dem Klosterfriedhof von Haus Sentmaring in Münster beerdigt worden.

Karl Leisner, der zuerst in einem schlichten Grab in Kleve am Niederrhein begraben worden war, ist 1966 exhumiert und dann in der Krypta des Domes von Xanten beigesetzt worden. Er ist am 23. Juni 1996 durch Papst Johannes Paul II. im Berliner Olympiastadion selig gesprochen worden. Im April 2007 wurde der Heiligsprechungsprozess eingeleitet. Ohne den todesmutigen Einsatz von Pater Dr. Otto Pies hätte er nicht zum Priester geweiht werden können – ein kirchengeschichtliches Ereignis von europäischer Bedeutung.

Literatur

  • Eike Pies, Pies – Piesen – Piesacken Bd. 1, Sprockhövel-Mönchengladbach 1986, S. 147-151.
  • Eike Pies, Pies – Piesen – Piesacken Bd. 2, Dommershausen-Sprockhövel 1992, S. 70-73.
  • Eike Pies, Pater Otto Pies SJ (1901 – 1960) und weitere 22 Geistliche der Familie Pies, Dommershausen-Sprockhövel 1989.
  • Otto Pies, Stephanus heute – Karl Leisner, Priester und Opfer, Dommershausen-Sprockhövel 2008.
  • Karl-Hans Seeger, Gabriele Latzel und Christa Bockholt (Hrsg.), Otto Pies und Karl Leisner – Freundschaft in der Hölle des KZ Dachau, Dommershausen-Sprockhövel 2007.

Dr. Eike Pies, Sprockhövel
Heft 141 | Stand: 04/2009